Marxismus
Original: Japanisch
MAKINO Noriyuki
Um 1990 herum sind sogenannte sozialistische Regime zusammengefallen, was dazu geführt hat, dass die Rede vom Marxismus immer weniger ist. Das finde ich schade. Nicht nur ist der Gedanke an sich ein riesengroßer Schatz der Philosophiegeschichte. Ohne Verständnis der Werke von Marx und Engels könnte man auch keine wirklichen Früchte der Philosophie Hegels erben. Von derselben gibt es zwar verschiedene Beurteilungen. Das weiß ich schon. Von 'Phänomenologie des Geistes' abgesehen, weiß ich aber keine nicht-Marxistischen Studien, die unter abstrakten Ausdrücken der Hegelschen 'Logik', seines Hauptwerks, verborgenen sachlichen Bedeutungen entdeckt und zum Wort gebracht haben. Trotzdem hält die Verlingerung der Hegel-Studie in der Tat mit dem Nachlassen der Popuralität des Marxismus Schritt. Da Marx selbst bekannt hat, er sei ein Jünger Hegels, wurde damals auch Hegels 'Logik' viel gelesen, wo Marxismus vorherrschte. Was kann man eigentlich zur Tatsache sagen, dass man jetzt so wenig von Hegel spricht !
Das hat aber auch Vorteile. Die Diskussionen in der Blütezeit des Marxismus waren emotional und nicht genug wissenschaftlich, sei es mit politischen Mächten verbunden, sei es von Abneigungen dagegen ausgehend. Endlich sind wir jetzt, glaube ich, in einer Zeit, wo man ruhig von dem eine Zeit prägenden Gedankengut reden und es studieren können.
Man mag sagen, was man will, hat sich die Marxistische Bewegung unter der Fahne der 'Befreiung der Menschheit' geschehen lassen. Es ist also kein Zufall, dass Fragen, die dabei entstanden sind, von grundsätzlicher Natur waren. Deshalb kann man sie durchaus nicht unbeantwortet bleiben lassen. Nun will ich daher die Marxistischen Theorien insbesondere vom philosophischen Gesichtpunkt aus zusammenfassen.
Während fast alle Philosophen in der Neuzeit mit Hilfe der Naturforschungen ihre Ideen entwickelt hatten, haben Karl Marx (1818 - 1883) und Friedrich Engels (1820 - 1895) neben Hegel (1770 - 1831) an Hand des Studiums von Sozialwissenschaften (Jura, National-Oekonomie, Geschichte) ihre Gedanken gebildet, was in einem hervorragenden Kontrast zu ihren Vorgängern steht.
Beide hatten zuerst versucht, das wirkliche Leben durch die idealistische Geschichtstheorie Hegels zu erklären. Der danach erschienene Materialismus Feuerbachs hat sie aber aus dem 'Schlummer vom Idealismus' geweckt. Das Resultat ist eine materialistische Fassung der Geschichte (der historische Materialismus). Was das ferner bedeutet, ist folgendes. Dieses Materialistische Geschichtsverstehen ist alles andere als ein Schluss aus der Anwendung einer ganzheitlichen Weltanschauung, des später sogenannten dialektischen Materialismus, auf die Geschichte. Die Tatsache war eher so, wie die Entdeckung des historischen Materialismus in der Feststellung des dialektischen Materialismus selbst an sich enthalten war. Diesen Namen benutzten sie selbst zwar nicht, spielt aber der Unterschied eines Selbstnennens und des durch die anderen keine Rolle.
Zugleich kam es dazu, dass ihre Ideen sich mit den gerade damals entstehenden sozialistischen Bewegungen verbanden. Die Gründer von Marxismus, die dabei 'die Arbeiterklasse' gefunden hatten, haben sich das Ziel aufgestellt, "nur sich Rechenschaft abzulegen von dem, was sich vor ihren Augen abspielt, und sich zum Organ desselben zu machen" ("Das Elend der Philosophie").
Nach der Niederlage bei der Revolution 1848 hatten sie sich allmählich nach wissenschaftlichen Arbeiten gewendet. Dabei gab es unter ihnen eine Art Arbeitsteilung, für Marz Politische Oekonomie, für Engels Philosophie und Dialektik der Natur. Jener ließ das riesengroßes Werk "Das Kapital" erscheinen und dieser "Anti-Dühring", "Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie". Die Glanzleistung "Dialektik der Natur" ist nach seinem Tod auf Grund der Manuskript veröffentlicht worden.
Die Grundsätze des historischen Materialismus versteht man im allgemeinen anhand von den folgenden Sätzen: die Produktionskräfte bestimmen die Produktionsverhältnisse und diese ferner die gesetzlichen Beziehungen der Menschen zueinander und ihr geistiges Leben.
Was den ersten Satz betrifft, bedeutet dabei das Wort 'bestimmen' nicht 'eindeutig entscheiden', sondern 'den Rahmen festsetzen'. Dann geht man davon aus, dass die Struktur einer menschlichen Gesellschaft veränderlich ist, worin er sich vom Tier unterscheidet. Bei Tieren ist die Kombinationsweise der Individuen je nach Art fixiert, mit Ausnahme vom Schimpanse.
Der Mensch hat also zwar die Möglichkeit, beliebige Produktionverhältnisse zu wählen, was seinen Grundzug ausmacht, aber diese Freiheit einer Auswahl ist durch den Rahmen abgegrenzt, den die jeweilig gegebenen Produktivkräfte bestimmen. Man kann nichts tun, was über seinen Kräften steht. Das versteht sich von selbst.
Apropos der zweite Satz heißt: die Produktionsverhältnisse bestimmen die gesetzlichen Verhältnisse der Menschen zueinander und ihr geistiges Leben. Er ist oft auch so formuliert: Bewusstseinsformen der Menschen werden durch ihr Sein bedingt oder kurz, die Basis einer Gesellschaft bestimmt deren Überbau. Was diese anderen Ausdrücke bedeuten, war zwar den Urhebern selbst klar und deutlich, aber von den ihre Ideen Erbenden nicht korekt genug verstanden.
Der Satz: die Basis bestimmt den Üeberbau ist eine tautologishce Wahrheit, wie es jedem nach einem kurzen Üeberlegen auffällt. Die bestimmende Seite der zwei wechselwirkenden Dinge vergleicht man mit Recht mit 'Basis' und die bestimmte heißt 'Überbau'. In anderen Worten, ist es nicht so, dass Marx und Engels die Produkutionsverhältnisse 'Basis genannt' haben. Nein! Sie haben einen bestimmenden Charakter der Produktionsverhältnisse mit einem 'Vergleich der Basis' ausgedrückt. Wenn also die in Frage gestellte These so formliert worden wäre: die Produkutionsverhältnisse sind eine Basis, geistiges Leben ein Überbau, so hätte es keine ungebetenen Missverständnisse gegeben.
Die andere Formlierung: Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt ("Zur Kritik der Politischen Oekonomie"), ist wichtiger. Warum kann man "Produkutionsverhältnisse" in "gesellschaftliches Sein" und "ein politisches, juristisches und geistiges Leben" in "gesellschaftliches Bewusst- sein" übersetzen ? Diese eigentlich zunächst zu beantwortende Frage beiseite, enthält doch dieser andere Ausdruck in sich, dass der historische Materialismus ein Befürworter der 'Objektivität des Werturteils' ist.
Sei es Politik, Gesetze oder geistiges Leben, handelt es sich bei dieselben immer um Gut oder Böse, Wertgröße, Bedeutungsvoll oder -los. Was Gesetze betrifft, bestimmen sie am deutlichsten, was man darf oder nicht. Was sind sie denn, wenn sie keine Werturteile heißen sollten ? Der Marx'sche Gedanke von der Geschichte hat nur die Tatsache entdeckt und formliert, dass Werturteile der Menschen schließlich durch die jeweilig herrschenden Produktions- verhältnisse bestimmt sind. Wenn er kein "Anhänger der Objektivität des Werturteils" heißen sollte, wie müsste man ihn doch beurteilen ?
Seine Studien auf diesem Standpunkt führten ihn zum Schluss, dass "in großen Umrissen können asiatische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen der ökonomischen Gesellschafts- formation bezeichnet werden".
Die Philosophie von Marx und Engels wird freilich zum Materialismus gezählt. Sie hat den (ontologischen) Begriff von der Materie klar und deutlich bestimmt. Die Materie heißt, was zuerst den Sinnenorganen gegeben wird. Dagegen heißt Geistiges, was zuerst dem Denken zukommt. Zum Beispiel sind Hegelsche Ideen in seinen Büchern geschrieben. Das sind in der Gestalt der Buchstaben ausgedruckt, d. h. durch Papier und Tinte getragen. Deshalb kommen sie zuerst den Augen des Lesers zu. Aber die Ideen selbst werden nicht den Augen, sondern seinem Denken gegeben. Vielleicht behauptet man, dass sie erst vermittels Analyse der Augengegebenen zu Gedanken werden, ist diese sogenannte Analyse doch keine physische.
Erst dann, wenn man alles in der Welt Seiende in zwei Lager getrennt hat, kann man die Frage, welches der ursprünglich sei, stellen und beantworten. Die Materialisten glauben, dass die Materie selbst ursprünglich sei und der Geist das von ihr Gestammte oder nur eine ihrer Funktionen.
Später hat Lenin (1870-1924) in seinem "Materialismus und Empirio- kritizismus" den Begriff der Materie geklärt: Die Materie ist eine philosophische Kategorie zur Bezeichnung der objektiven Realität, die dem Menschen in seinen Empfindungen gegeben ist, die von unseren Empfindungen kopiert, fotografiert, abgebildet wird und unabhängig von ihnen existiert. Diese Definition ist deshalb nicht passend genug, weil er ihr zu viele Bestimmungen gegeben hat. Aber deren Kern besteht in "Unabhängigkeit von den menschlichen Empfindungen und Abbilden durch diese". Das heißt, das ist 'ein erkenntnistheoretischer Begriff der Materie', und kein ontologischer.
Die Materie könne nicht ohne Bewegung da sein, so Marx und Engels. Das hat sie zum Dialektischen Materialismus geführt. Dabei hat Engels auf Grund der Hegels 'Logik' drei Grundgesetze der Dialektik formliert: das Gesetz des Umschlagens von Quantität in Qualität und umgekehrt, das Gesetz von der Durchdringung (od. Einheit) der Gegensätze, das Gesetz von der Negation der Negation.
Das erste Gesetz ist die Logik von 'der Lehre des Seins' in Hegels 'Logik' und wurde von ihm selbst mit einem Beispiel erklärt: das Ausreißen eines Haares aus dem Schweif eines Pferdes macht zwar keinen kahlschweif, aber dieses gleichgültige Vermindern hat auch seine Grenze, und durch das fortgesetzte Ausziehen immer nur eines Haares entsteht ein Kahlschweif. Was dieses Gesetz betrifft, sind die Erklärungen darin mangelhaft, dass nur das Umschalgen von Quantität in Qualität erklärt ist ohne Studien über das umgekehrte Verändern.
Das zweite Gesetz, das Engels als 'Grundgesetz der Hegelschen Lehre des Wesens' bezeichnet und als das wichtigste Gesetz von den drei oben erwähnten gelten läßt, wird auch als 'Gesetz von Kampf und Einheit der Gegensätze' benannt. Das ist aber normalerweise unter dem gekürzten Namen 'die Einheit der Gegensätze' verstanden und benutzt, was oft zu großen Misverständnissen führt. Ein herausragendes Beispiel davon ist 'die Einheit von Theorie und Praxis'.
Vor allem muss ich zweifeln, ob man wirklich dieses Gesetz zum zweiten Gesetz zählt. Fast niemals spricht man von 'einem Gesetz von Kampf und Einheit der Theorie und Praxis', und die Bedeutung von einer Trennnung der beiden ist nie bewusst. Dies hat zur Folge, dass man die 'Einheit' der beiden selbst misdeutet. Diese 'Einheit' bedeutet nicht 'vereinen sollen', wie man gewöhnlich unbewusst voraussetzt, sondern 'tatsächlich eins sein'. Anders ausgedrückt, diese These ist ein Seins- und kein Sollenssatz. Wenn man das als ein Beispiel des Gesetzes von Kampf und Einheit der Gegensätze und die Einheit dabei getreu nach der Lehre der Dialektik 'eine tatsächliche Einheit' verstünde, würde man logisch notwendig zum oben festgestellten Schluss gekommen sein.
A propos das dritte Gesetz von 'Negation der Negation', man kann leicht vermuten, es sei das Grundsatz des Hegelschen Begriffslehre, des dritten und letzten Teils seiner 'Logik'. Richtig, und er die letzte Stufe der Lehre, die absolute Idee, folgendermaßen erklärt.
──Wenn von der absoluten Idee gesprochen wird, so kann man meinen, hier werde erst das Rechte kommen, hier müsse sich alles ergeben. Gehaltlos deklamieren kann man allerdings über die absolute Idee in das Weite und Breite; der wahre Inhalt ist indes kein anderer als das ganze System, dessen Entwicklung wir bisher betrachtet haben. ……
Die absolute Idee ist in dieser Hinsicht dem Greis zu vergleichen, der dieselben Religionssätze ausspricht als das Kind, für welchen dieselben aber die Bedeutung eines ganzen Lebens haben. Wenn auch das Kind den religiösen Inhalt versteht, so gilt ihm derselbe doch nur als ein solches, ausserhalb dessen noch das ganze Leben und die ganze Welt liegt.
Ebenso verhält es sich dann auch mit dem menschlichen Leben überhaupt und den Begebenheiten, die den Inhalt desselben ausmachen. Alle Arbeit ist nur auf das Ziel gerichtet, und wenn dies erreicht ist, so ist man verwundert, nichts anderes zu finden als eben dies, was man wollte. 〔Man kann es oft ungenügend, oder sogar unbefriedigend finden. Wer auf dem Gipfel von Mount Everest gestanden hat, sagt auf eine Frage nach seinem damaligen Gefühl wie aus einem Munde so. Ein kurzes Ueberlegen würde aber einen überzeugen, dass es nichts anders sein könne. Denn das sei sein Ziel gewesen. Ein weitere Nachdenken erklärt einem,〕das Interesse liegt in der ganzen Bewegung〔, und der Prozess selbst sei im letzten Ende enthalten. Und das Feststellen gibt einem tiefe Selbstzufriedenheit.〕 Wenn der Mensch sein Leben verfolgt, dann kann ihm das Ende als sehr beschränkt erscheinen, aber der ganze decursus vitae ist es, welcher darin zusammengenommen ist. ("Die Kleine Logik"§237 Zusatz)
Kurz, zuerst ist ein Ziel nur im Kopf. Dann ist es negiert und wird der Prozess oder die Handlung, die erste Negation. Ferner wird es wieder negiert und zum letzten Resultat verwirklicht, die zweite Negation. Das dritte Gesetz ist nämlich nichts anderes als der Inbegriff eines Entwicklungsprozesses.
Friedrich Engels sagt: Die große Grundfrage aller, speziell neueren Philosophie ist die nach dem Vetrhältnis von Denken und Sein. Das heisst, der dialektische Materialismus ist nicht nur eine Ontologie, sondern auch eine Erkenntnistheorie. Von der Voraussetzung von der Primarität des Seins gegenüber dem Denken ausgehend, versucht er die Fragen zu beantworten, warum und wie das Denken das Sein abspiegelt, und wie man die Uebereinstimmung der beiden belegen kann, und so weiter.
Das erste Element des dialektischen Materialismus besteht in dem materiellen Charakter des Denkens, dieses spiegelt das Sein. In anderen Worten ist es Sein, das die Inhalte und Gegenstände des Denkens ausmacht. Das heißt Widerspiegelungstheorie. Lenin sagt: es ist aber logisch, anzunehmen, dass die ganze Materie eine Eigenschaft besitzt, die dem Wesen nach der Empfindung verwandt ist, die Eigenschaft der Widerspiegelung. Die Eigentümlichkeiten der denkenden Widerspiegelung bestehen aber darin, dass sie eine Funktion des Gehirns ist, durch die Sprache vermittelt wird, und in den Sinnen ihre Quelle hat.
Das zweite besteht in dem praktischen, verändernden Charakter des Denkens. Er ist eine notwenige Folge davon, dass es als ein Element des Arbeitsprozesses, das Zweckbewusstsein entstanden ist. Es ist eine ideelle Verlängerung der bisherigen Praxis, was man leicht verstehen, wenn man sich das Weiterlesen bei einem Schachspiel vorstellt, und zugleich eine ideelle Umbildung der Wirklichkeit.
Auf Grund des dritten Charakters hat Hegel eine logische Identität des Denkens mit der Verdauung festgestellt. Ein Verhalten, das das Gegebene verdaut und zu seinem Teil macht, nennt Hegel 'Idealismus' und sagt: der freie Wille ist der Idealismus, der die Dinge nicht, wie sie sind, für an und für sich hält, während der Realismus dieselben absolut erklärt, wenn sie sich nur in der Form der Endlichkeit befinden. Schon das Tier hat nicht mehr diese realistische Philosophie, denn es zehrt die Dinge auf, und beweist dadurch, dass sie nicht absolut sind (Philosophie des Rechts§44 Zusatz).
Zwar ist der Gedanke selbst eine ideelle Tätigkeit von solcher Art, läßt er sich dann in die Praxis umsetzen. Ist er doch das Zweckbewusstsein. Dieses wirkt aber mit einem Erwarten, das jedoch nicht immer trifft, besser gesagt, immer mehr oder weniger fehlschlägt. Das drückt der Satz aus, dass die Praxis das Kriterium der Wahrheit des Denkens abgibt. Hieraus läßt sich die Realtivität der Wahrheit schließen. Diese negiert jedoch nicht deren absoluten Charakter. Der dialektische Materialismus sieht in dem Entwicklungsprozess der relativen Wahrheiten die absolute Wahrheit. Das heißt der praktische Materilismus. Diesen kann man auch als mit dem Sein hergehenden Denken bezeichnen. Denn das wirkt auf das Sein ein, um seine Eigenschaften erscheinen zu lassen, und beobachtet es. Hier ist der Kontrast zur verständigen Erkenntnistheorie stark, die stillstehende Gegenstände selbst analysieren will.
Dieses Verhältnis von relativer und absoluter Wahrheiten ist unter angeblichen Marxisten und sozialistischen Aktivisten deshalb weit bekannt, weil Lenin es nach Engels ausgefürt hat. Es ist aber nicht genug 'erkannt', was als ein Beispiel vom berühmten Satz Hegels gilt: Das Bekannte überhaupt ist darum, weil es bekannt ist, nicht erkannt (Phänomenologie des Geistes, Vorrede).
Wieso denn ? Weil es nicht aktuellen Problemen angewendet und vertieft wurde, wie dem Verhältnis von Kritik und Selbstkritik, seinsollender Art und Weise der innenparteilichen Diskussionen, wie und warum die Einheitsfront organisiert werden soll, usw. Deshalb waren die eigentlich dialektischen Sätze über beide Wahrheiten 'credos' geworden.
Ebenso wurde das 'Begreifen', das Hegel und Marx als 'das höchste wissenschaftliche Erkenntnismethode' bezeichnet haben, von den Marxist sein Wollenden weder erkannt, noch verinnerlicht. Obwohl das Wort selbst gut bekannt war. Hat es doch Marx die Methode seines Meisterwerks 'Das Kapital' genannt.
Sowohl Marx als auch Engels hat keine Schrift hinterlassen, die den dialektischen Materialismus als solchen systematisch entwickelt hätte. Diese Aufgabe hat deshalb ein sowjietischer Philosoph, Mark Borisovich Mitin, in Stalins Zeit 'erledigt'. Wenn seine Arbeit 'Leninsche Stufe der Philosophie' geheißen hat, war sie in der Tat ein Beispiel des Stalinkultus und einer verständigen Denkweise. Das nennt man Mitinismus.
Um die Fahne des Marxismus waren sehr viele politische Gruppen und Bewegungen zur Welt gekommen. Philosophisch waren sie aber ohne Ausnahme mitinistisch. In der jetzigen Zeit, wo der Kommunismus gestürzt ist, haben wir keine Ersatzphilosophie, die ihn auhgehoben hätte.
Nach vielen Worten über den zweiten Charakter des Denkens können wir nun einen dritten erwähnen, den sozial-klassen Charakter, d.h. den historischen Materialismus. Dieser ist ja eine Art Erkenntnistheorie, die als eine Gesellschafttheorie erscheint. Behauptet er doch, dass gesellschaftliches Bewusstsein gesellschaftliches Sein widerspiegelt. Was ist er denn anderes als eine Erkenntnistheorie von Gsellschaft ?
Zum Schluss ein Wort zum Sozialismus von Marx und Engels, über dessen Gedankengut und Bewegungen.
Ihre Gedanken werden von ihnen selbst 'wissenschaftlicher Sozialismus' bezeichnet, während die sozialistischen Ideen vor ihnen 'utopisch' charakterisiert sind. Und die Gründe für die Beurteilungen hat Engels in zwei Entdeckungen gesehen, die vom historischen Materialismus in der Geschichtsforschung und die vom Mehrwert in der politischen Oekonomie, die beide nach ihm die Verdienste Marx' sind.
Dabei kommt zuerst die Bedeutung des Wortes 'wissenschaftlich' in Frage. Ob die eigentlich korrekt genug verstanden worden ist ? Das Wort haben sie beide von Hegel geerbt. Aber dieser sieht darin 'die Notwendigkeit des Werdens einer Dings (od. einer Sache)'. Die beiden Nachfolger Hegels haben sich also eingebildet, es beweist zu haben, dass die Entwicklung der Geschichte notwendig eine sozialistische Gesellschaft schaffen müsste, während die Utopisten nur solche Gesellschaften geträumt hätten. Das Resultau meiner Studien haben mich aber dazu geführt, ihre Selbsteinschätzungen seien falsch. Die Notwendigkeit einer Geburt des neuen Gesellschaftsystems läßt sich durch die zwei Entdeckungen allein nicht erweisen.
Es war Diktatur des Proletariats, die Marx als einen Knotenpunkt der Geschichte genannt hat. Deshalb sagt man, dass der Kern des Marxismus bei dem Beweis ihrer Norwendigkeit liegt. Um es richtig zu verstehen, muss man aber Proletariat (Klasse) und Proletarier (Arbeiter, Leute) richtig unterscheiden, was leider kaum zum Bewusstsein und Verständnis gebracht worden ist. Das hat eine falsche Tendenz des Beurteilens geboren, dass Arbeiersein an sich grossartig wäre. Theorie und Wissenschaft wären herabzusehen. Nur politisches Herumtanzen im Namen 'Praxis' aufzuwerten.
Lenin, der den Kern des Marxismus mit Recht im Beweis der Notwendigkeit der proletarischen Diktatur gesehen hat, bestimmt dann ausführlich die Eigenschaften der Avantgardepartei, eines Werhzeuges für Revolution. Seine Gedanken gingen jedoch von durch niemanden zu erfüllenden Forderungen aus. Er sagt: die Parteimitglieder sollen es lernen, die materialistische Analyse und materialistische Beurteilung aller Seiten der Tätigkeit und des Lebens aller Klassen, Schichten und Gruppen der Bevölkerung in der Praxis anzuwenden.("Was tun?")
In der politischen Wirklichkeit zählt auch die Zahl der Mitglieder. Deshalb müssten Menschen, die diese Bedingungen nicht befriedigten, in die Partei kommen. Das Resultat davon ist weltbekannt. Der angebliche domokratische Zentralismus hatte sich zum schlechtesten Totalitarismus verändert. Ein zusätzlicher Grund dafür ist, dass der Organisationsgrundsatz einer kommunistischen Partei nicht durch einen theoretischen Vergleich mit Demokratie und Totalitarismus tiefer untersucht worden ist.
Uebrigens, die Partei Lenins (die Sozialdemokraten Russlands) hatte tatsächlich die Staatmacht ergriffen, was auch durch glückliche geschichtliche Umstände geholfen wurde. Dann war es dazu gekommen, dass sie viele administrativ notwendige Arbeiten erledigen mussten. Ein Saat muss sich gegen aussländische Angriffe verteidigen. Die Sowietunion musste antirussische Truppen von den mehreren fremden Staaten, Japan inbegriffen, zurückschalagen.
In einem Staat muss Ordnung und ein wirtschaftliches Leben der Bevölkerung garantiert sein. Dazu waren administrative Organisationen unentbehrlich, um praktische Geschäfte zu besorgen. Die geschäftlich unfähige Sowietische Regierung ließ sich dann die Logik der bisherigen Bürokratie gefallen. Was von Marx als 'das Prinzip der Pariser Kommune' bezeichnet wurde, d. h. das der Gleichheit der Löhne zwischen Arbeitern und Beamten, konnte die Behörden nicht demokratisieren. Also waren die erhabenen Ideale vergessen.
Der Sozialismus, der undemokratisches Zarsystem und großen Grundbesitz kritisiert hatte, wurde ein noch weniger demokratisches System und ein Sozialismus, wo es keinen einzelnen Grundbesitz und keine Freiheit des einzelnen Ackerbaus gab. Um diese Wahnsinnnigkeiten durchzuzwingen, hatte sich der Staat ein Geheimpolizeistaat verändert und die Herrschaft durch die Macht dauerte rund 70 Jahre lang. Da es ohne Freiheit der Einzelnen keine Entwicklung der Wirtschaft geben kann, hatte er eine Konkurenz mit Kapitalismus verloren. Ein Einsturz der Sowjetunion im Jahr 1991.
Worin liegt der Grund eines sozialistischen Fehlschalgs ? Ich glaube, dass es in seinem Gedankengut grundsätzliche Fehler gibt. Man sagt, er besteht aus drei Quellen, nämlich französischem Sozialismus, britischer klassischen Oekonomie und deutschem Idealismus. Der erste behauptet, der Mensch sei von Natur aus gut. Eine Erinnerung an ein Rousseausches Werk "Emil" würde genug sein. Aber der deutsche Idealismus, der auf dem Boden des Christentums steht, ist der Meinung, der Mensch sei von Natur aus böse. Wie kann man die widersprüchligen Anschauungen in Harmonie bringen? Das Problem selbst war weder Marx noch Engels zum Bewußtsein gekommen. Sie hatten unbewußt die erste Meschenverständnis akzeptiert.
Wie Hegel sagt, ist die zweite Menschenanschauung ist tiefer als die erste. Alle Schwierigkeiten, die bei Revolutionbewegungen den Sizialisten entgegengekommen waren, gingen auf das in der Menschenseele wohnende Böse auf. Der Sozialismus, der die Grundfrage nicht theoretisch beantowrten konnte, hatte fast alle Schwierigkeiten mit Gewalt beseitigen müssen.
Das Menschenbild, wonach der Bürger am Maßstab beurteilt wird, aus welcher Klasse er stammt, ist auch allzu albern. Eine Dialektik, die die Bestimmung einer Sache in ihrer Funktion sieht, schien den Revolutionären unbekannt zu sein. Einer, der als das Kind eines Arbeiters geboren ist, ist Betriebsführer, wenn er Karriere macht und eine Organisation oder Firma führt. Eigentlcih steht der Marxismus auf dem Standpunkt des Proletariats, nicht dem der Proletarier. Der Unterschied von beiden und die daraus folgenden Schlüsse waren nie thematisiert worden.
Wie erwaehnt, war drittens die Erkenntnis vom Wesen und Rolle vom Beamten ueberhaupt durchaus ungenuegend und falsch. Ohne Ordnung koennte keine Gesellschaft oder Organisation bestehen. Menschen leben und arbeiten im Rahmen einer bestimmten Ordnung. Wer stellt? Es ist auch in einer demokratischen Gesellschaft grundsaetzlich das Volk, aber in der Tat die Fuehrerschaft, die die Ordnung in der Form des Gesetzes aufstellt, die praktisch von den hoeheren Bueroktaten angewendet wird. Buerokraten haben reiche Erfahrungen und wissen, wie man sie zweckmaessig behandeln. Sie koennen sogar politische Vorschraege machen. Das heisst, dass der eigentliche Diener des Volks immer die Moeglichkeit hat, sich in seinen Herrn zu wandeln.
Die sogenannte Leninistische Avandegardepartei hatte sich immer weiter verderbt. Einen theoretischen Grund dazu kann man ja in fehlender wahrer Erkenntnistheorie finden. Aus der Missverständnis des Grundsatzes 'Einheit von Theorie und Praxis' hatte sich das Aufzwingen der politischen Spiele ergeben. Aus dem demokratischen Zentralismus die Unterdrückung freier Diskussionen. 'Kritik und Selbstkritik' war nichts anderes als ein Werkzeug zum Nötigen des Selbstniederwerfens im Namen von Selbstkritik. Das war die Dreieinigkeit der Partei des Leninismus. Ist das die Folge der fehlenden wahren Erkenntnistheorie? Oder hatte diese Dreieinigkeit die Bildung einer wahren Erkenntnistheorie verhindert? Es handelt sich wohl um einen Teufelskreis von beiden. Es war die Verletzung der Menschnrechte im Namen von 'Untersuchen', die am hässlichsten die Wahrheit der Kommunistischen Partei an den Tag gebracht hatte.
Der Sozialismus, der aus Marx stammt, hatte überall unbändige Höllenbilder entfaltet. Seine Kritik gegen Kapitalismus hatte jedoch Recht. Es war seine positive Seite. Von Sozialismus kritisiert, hat sich dieser reflektiert. Es sind sozialdemokratische Bewegungen, die Leistungen des Kapitalismus übernehmen und seine Nachteile korrigieren zu versuchen. Sie kann man wohl Systeme nennen, die zugleich die Gleichheit der Persönlichkeiten und die Ungleichheit der Fähigkeiten der Einzelnen anerkennen. Mit dem Resultat, dass sie jedem Bürger Lebensgrudlagen wie Bildung, Medizinalwesen, Pflege garantieren und die anderen Gebiete freien Tätigkeiten nach Talent und Willen überlassen.
Das Menschenrecht basiert auf der Tatsache, dass jeder Mensch eine Person ist. Das kann man also leicht verstehen. Qualifikation kann man aber schwer beurteilen. Ist es doch mit der Fähigkeit verbunden. Nicht selten unterscheiden sich eigene Beurteilung und die durch die anderen. Das kann aber nicht anders sein. Im Glauben, dass in einem langen Lebenslauf und der Geschichte sich eine gerechte Beurteilung machen läßt, muss einer Trost finden.
Statt Egoismus und Boese eines Einzelnen moralisch zu verdammen, ihr Zuweitgehen zu hindern und solche Gift ins Heilmittel zu verwandern, das ist wahrscheinlich der Sozialdemokratismus. In einem Zickzackweg mit nicht wenigen Rueckgaengen scheint er die Anstrengung nach Besserem sehen. Wie weit er gehen kann, zeigt nur der Lauf der Sachlage. Eine Philosophie, die der Geschichte dienen will, sollte damit theoretisch zu tun haben. (übers. 2012,12,13)
cf.
Dialektisches Auffassen der Dialektik